Rudolf Steiner hat in der menschlichen Biografie unter anderem einen 7-Jahres-Rhythmus abgelesen. Er stellte fest, dass die Entwicklung nicht geradlinig voranschreitet, sondern Metamorphosen unterliegt. So erkannte er z. B., dass eine gesunde motorische und sensorische Ausgestaltung im Kindesalter die Voraussetzung für die Entfaltung der Denkkräfte des Jugendlichen und Erwachsenen bilden.
Dies erfordert in den drei großen Altersabschnitten bis zum Erwachsen sein unterschiedliche pädagogische Vorgehensweisen: Von der Geburt bis zum Zahnwechsel lernt das Kind vor allem durch Vorbild und Nachahmung. Bis zur Pubertät braucht das Kind die Nachfolge der von ihm im Idealfall geachteten oder gar geliebten Lehrerautorität. Im dritten Abschnitt, bis zum 21. Lebensjahr wird die Beziehung mehr eine partnerschaftliche, die Urteilskraft und der freie Verstand können sich entfalten.
Kopf, Herz und Hand, Denken, Fühlen und Wollen werden in der Waldorfpädagogik je nach Alter der Kinder gleichermaßen angesprochen. Die künstlerisch-kreativen wie die handwerklich-praktischen Fächer haben neben den kognitiven Fächern einen hohen Stellenwert.
Sie bringen Ihr Kind zu uns in einem Alter höchster Bildsamkeit! Dies gilt umso mehr, je kleiner das Kind ist. Wir Erzieherinnen sind uns der Verantwortung bewusst, die wir damit übernehmen.
Die Welt ist gut!
Das Kind kommt in dieser inneren Erwartung zu uns. Es bringt die Fähigkeit mit, mit allen Sinnen hingebungsvoll seine Umgebung "einzuatmen", diese bis in die Leibbildung hinein zu verinnerlichen. Wir sprechen darum auch von der leiblichen Religiösität des Kindes. Wir haben uns selbst und die Umgebung des Kindes so einzurichten, dass wir dieser Erwartung gerecht werden, das Kind nicht enttäuschen oder gar verletzen. Wir Erzieherinnen müssen einerseits die allgemein gültigen Entwicklungsgesetze der ersten sieben Lebensjahre und darüber hinaus studieren, andererseits in der täglichen Zuwendung und im Umgang mit den Kindern wahrnehmen, wo und wie sich die individuellen Besonderheiten zeigen.
Selbsterziehung gehört zu unserer Professionalität. Wir sind uns unserer Vorbildrolle für die Kinder sehr hen, zuzuhören, uns mit den Kindern und den Dingen in der Umgebung liebevoll zu verbinden, unser inneres Gleichgewicht zu halten, Wege zu Lebensfreude und Gelassenheit zu finden.
Wir schulen uns auch in Fähigkeiten wie Singen, gutem Sprechen, achten auf gute Haltung, bemühen uns um die richtige Sprache im Umgang mit den Kindern. Viele Lieder, Fingerspiele, Geschichten werden laut geübt, auswendig gelernt. Wir wollen nachahmenswert werden!
Das Kind ist Sinneswesen - Das Kind ist Willenswesen
Beides trifft zu: Der kleine Mensch baut seinen Leib auf im Spannungsfeld von Sinnesreizen, Sinneswahrnehmungen und der aktiven, tätigen Antwort darauf. Und das gilt vom ersten Lebensmoment an. Das Kind fühlt Hunger - es macht sich bemerkbar durch Schreien und Strampeln. Es fällt ein Lichtreiz auf sein Gesicht - es wendet den Kopf. Dies gilt in immer differenzierteren Formen für die ganze Zeit bis zum Schuleintritt und darüber hinaus. Durch diese ständige Aktvität gestaltet das Kind - gemäß den Eindrücken, die wir ihm verschaffen und gemäß seiner Individualität - den ererbten Leib um, strukturiert ihn durch und bildet ihn so zur Grundlage für sein ganzes Leben.
Es ist Steiners großes Verdienst, diese Zusammenhänge schon vor 100 Jahren klar erkannt zu haben. Die beste Voraussetzung für die gute Entwicklung dieser (Lern-Bildungs-) Prozesse ist eine gelungene Bindung zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen. Unser pägagogisches Ziel ist, die eigenen Kräfte der Kinder so anzuregen, dass sie sich innerhalb der Verhältnisse, die wir schaffen, weitgehend selbst erziehen können.